Johannesbote
Joachim Sponholz
Diakon im Zivilberuf
"Weihnachtliches Grußwort"
Liebe Schwestern und Brüder,
unser Glaube ist nichts Statisches, nichts Feststehendes und hoffentlich auch nichts Festgefahrenes. Wir sind im Glauben an Jesus Christus verbunden mit allen anderen Menschen, die an Ihn glauben, und bilden in diesem Glauben die Kirche Gottes. Das zweite Vatikanische Konzil nennt diese Kirche in der Konstitution „Lumen Gentium“ das „wandernde, das pilgernde Gottesvolk“. Der Begriff ist nicht neu, er wurde schon vom Heiligen Augustinus im 2. Jahrhundert geprägt. Wir bewegen uns auf unser eigentliches Ziel, den Himmel, die vollendete Gemeinschaft mit Jesus Christus und seinem Vater hin. Und das können wir nicht allein tun; wir sind auf die Gemeinschaft der Gläubigen angewiesen. Wir reden über den Glauben, wir erfahren Gemeinschaft miteinander, wir helfen uns, um unser gemeinsames Ziel zu erreichen. Denn manchmal ist das Ziel für den Einzelnen verschwommen und unklar, dann ist es gut, sich mit den Anderen auszutauschen, von ihnen Hilfe und Unterstützung zu erhalten und selbst auch Unterstützung zu geben.
Wir haben seit drei Jahren in unserer Pfarrei den Glaubenskurs, der Menschen auf die Taufe oder den Übertritt in die katholische Kirche oder auch auf den Empfang des Sakraments der Firmung vorbereitet. Das dauert ungefähr ein Jahr und endet in der Regel mit der Taufe in der Osternacht. Nachdem die Kandidaten ein Jahr lang miteinander unterwegs waren, besteht auch zumeist der Wunsch, dass die Treffen weitergehen. Wir machen mit den „Ehemaligen“ dann einfach weiter und die meisten kommen auch mehr oder weniger regelmäßig und tauschen sich über ihren Glauben aus, berichten von sich und ihrem Leben, ihrem Weg. Ein Teilnehmer war ein paar Mal nicht dabei und schrieb kürzlich der Gruppe: „Mein Leben geht momentan im guten Sinne drunter und drüber... dank Gott.“ Und er wird irgendwann wieder dabei sein. So teilen wir unseren Glauben und tragen uns gegenseitig mit. Dies alles gipfelt in der gemeinschaftlichen Feier der Eucharistie am Sonntag, wo wir mit Christus und allen anderen ganz innig verbunden sind.
Dieser Glaube will gepflegt, will angeregt werden. Deshalb gibt es ein Kirchenjahr. Und in dem erinnern wir uns immer aufs Neue an das, was unseren Glauben ausmacht, an das, was Jesus auf Erden getan hat. Wir „spielen“ sozusagen das Leben Jesu dankbar nach und machen es so für uns erlebbar und persönlich erfahrbar.
Mit dem Advent beginnen wir das neue Kirchenjahr und wir bereiten uns auf die Ankunft Jesu in unserer Welt vor. Die Evangelien, die gelesen werden, weisen auf ihn hin und das Alte Testament weissagt in verschiedener Art und Weise das Kommen des Immanuel, des „Gott mit uns“. Wir feiern bei Kerzenschein Roratemessen und steigern uns täglich in unserer Vorfreude. Adventskranz und –kalender sind ein äußerer Ausdruck dessen. Eigentlich geht es jedoch um das innere Geschehen in jedem Einzelnen von uns. In der Liturgie wird dies besonders deutlich: Die letzten 7 Tage vor dem Heiligen Abend heißen in der Tradition der „hohe Advent“. Die Zeit der Vorbereitung auf die Ankunft unseres Herrn verdichtet sich, und so beginnt vom 17. bis zum 23. Dezember die Antiphon, der Kehrvers des Magnifikat in der Vesper, mit je einem Ehrentitel des Herrn, der seine Bedeutung für die Menschen hervorhebt:
- WEISHEIT... o komm und offenbare uns den Weg der Weisheit und Einsicht
- HERR… komm, o Herr, und erlöse uns mit deinem starken Arm
- SPROSS AUS ISAIS WURZEL… komm, o Herr und erlöse uns, zögere nicht länger
- SCHLÜSSEL DAVIDS… o komm und öffne den Kerker der Finsternis und die Fessel des Todes
- MORGENSTERN… o komm und erleuchte, die da sitzen in Finsternis und im Schatten des Todes
- KÖNIG ALLER VÖLKER… o komm und errette den Menschen, den du aus Erde gebildet
- IMMANUEL… o komm, eile und schaffe uns Hilfe, du unser Herr und unser Gott!
Jede Antiphon beginnt mit „O-“. Deshalb werden sie O-Antiphonen genannt und zeigen uns, dass Jesus der Immanuel ist, der Gott-mit-uns. Er ist Gott und Mensch zugleich und stellt durch Wort und Tat seine Vollmacht unter Beweis. In Immanuel zeigt sich nicht ein allmächtiger, durchdringend schauender, streng richtender, Angst einjagender Gott.
Dieser Gott ist bei den Menschen!
Es kommt darauf an, dass dieser Gott-mit-uns zum Gott-mit-mir und Gott-in-mir wird. Mein Herz sollte die Krippe sein, in der er Aufnahme findet und zu meinem Gott wird. Dann kann ich mit Thomas sagen: „Mein Herr und mein Gott!“
Die letzte O-Antiphon fasst das ganze Flehen der letzten Tage zusammen und unterstreicht: „Mach schnell Herr, zeige dich uns, es ist höchste Zeit.
Und so bekommt unser Glaube Stärkung und Orientierung – heute würde man es vielleicht Update nennen –, und wir sind bereit, unseren Weg weiter zu gehen.
So wünsche ich uns allen ein tiefes Erleben dieser Ankunft des göttlichen Kindes und eine gesegnete Weihnachtszeit.
Bleiben Sie behütet,
Ihr Diakon
Joachim Sponholz