Aufsätze aus dem Pfarrblatt der Salvatorgemeinde

Von Nahem betrachtet: Holzfigur der Heiligen Barbara

Aus:

Katholische Kirchengemeinde Salvator Berlin-Lichtenrade. -  Pfarrblatt - Dezember 2017 – Januar 2018. - S. 14-15. Verf.: Regina Mahlke

An der Wand des Seitenschiffes unserer Kirche, neben der Stelle, an der sich bis 1946 der später an die Rückseite des Kirchenschiffes verlegte Eingang der Kirche befand, ist in der Nähe des Marienaltars eine Holzplastik der Heiligen Barbara angebracht.

Die Heilige hält in der linken Hand einen runden Turm mit drei Fenstern, in der rechten eine weiße Rose. Sie ist mit einem roten, durch einen Gürtel gerafftes Gewand und einem grünen Überhang, sowie einem hellen Kopftuch bekleidet. Der Turm ist ein typisches Attribut für die Heilige Barbara, besagt doch die Legende, dass sie, die um 306 n. Chr. wahrscheinlich in Nikomedia (heute Izmit), vielleicht aber auch in Heliopolis (Baalbek) lebte, von ihrem Vater in einem Turm gefangen gehalten wurde. Der Vater soll um ihre Tugend besorgt gewesen sein, da sie besonders hübsch war. Wann sie zum christlichen Glauben fand und ob Origines, der berühmte Theologe, tatsächlich ihr Lehrer war, wie einige Quellen behaupten, ist unklar. Sie soll bei einem Ausbau des Turmes (Anbau eines Badehauses, das bei unserer Darstellung fehlt) statt der ursprünglich vorgesehenen zwei Fenster ein drittes als Symbol für die Trinität haben einbauen lassen. Als sie ihrem jähzornigen Vater den Grund dieser Maßnahme erklärte und gestand, dass sie Christin geworden sei, ließ dieser sie verurteilen. Es gelang ihr zunächst, zu fliehen. Ein Felsen öffnete sich wunderbarerweise und sie konnte sich darin verbergen. Allerdings wurde sie von einem Hirten verraten, gemartert und schließlich vom eigenen Vater enthauptet. Die Legende verbreitete sich zuerst im Osten, die Verehrung, besonders als Patronin der Bergleute und Tunnelbauer, nahm jedoch ab dem 8. Jahrhundert auch im Westen zu. Ihre Gebeine sollen um 1000 nach Venedig, später auf die Insel Torcello verbracht worden sein. Die grüne Farbe des Umhangs deutet auf ihr Martyrium. Die weiße Rose, üblicherweise kein Attribut der Heiligen, könnte Bezug auf ihre Jungfräulichkeit oder ihre Schönheit nehmen.

Allerdings hatte unsere Statue nicht immer diese farbige Fassung. Sie wurde ihr erst 1956 bei einer Restaurierung durch Fehrenbacher (möglicherweise Albert F., 1911-1977, Restaurator und Modellbauer u.a. am Berliner Völkerkundemuseum und bekannt für seine Völkerkrippe) nach der Originalfassung wiedergegeben.

Die Heiligenfigur wurde 1950 von Paul Dierkes der Salvatorkirche zum 4. Dezember gestiftet. Dierkes, den eine langjährige Freundschaft mit Monsignore Lütkehaus verband, wurde 1907 in Cloppenburg geboren. Nach einer Steinmetzlehre und Lehr- und Wanderjahren zum Studium an verschiedenen Kunstschulen, ließ er sich 1929 als freischaffender Künstler in München nieder. 1933 ging er nach einem Stipendium in Rom nach Berlin, durfte jedoch während des Nationalsozialismus ab 1937 seine Arbeiten nicht mehr öffentlich zeigen. 1948 berief ihn Carl Hofer als Professor für Holz- und Steinbildhauerei an die HdK. Dierkes hat u.a. das Kreuz über der Weltkugel der neuen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, sowie Reliefs an deren Portalen geschaffen. Auch der Bärenfelsen im Berliner Zoo stammt von ihm. Im Kinderkrankenhaus realisierte er ebenfalls ein Kunstwerk.

Die Chronik der Heiligenstädter Schulschwestern des Krankenhauses berichtet, dass die Heiligenfigur stark zerstört unter den Trümmern eines Hauses gefunden wurde und der „alte Künstler Schöppl“ sie wieder hergestellt hätte. Wer damit gemeint war, ließ sich bis jetzt nicht herausfinden. Vielleicht handelte es sich um Erwin Schöppl, einen Regensburger Kirchenmaler, der viel für die Schwestern von Unserer Lieben Frau gearbeitet hat, die in Marienfelde auch eine Berliner Niederlassung hatten.

Ebenfalls zweifelhaft ist, ob die Figur, wie tradiert, wirklich aus dem Mittelalter stammt, einige Details sprechen eher dagegen. Doch auch wenn sie jüngeren Datums sein sollte und wir den Künstler, der sie schuf, nicht kennen, ist sie eine schöne Holzfigur, die gut in die Salvatorkirche passt. Sie wurde in den frühen Jahren als Denkmal für die Kriegsgefallenen betrachtet.

Von Nahem betrachtet: Die Heilige Cäcilia

Aus:

Katholische Kirchengemeinde Salvator Berlin-Lichtenrade. - Pfarrblatt Oktober-November 2018. - S. 18-19. Verf. : Regina Mahlke

Cäcilia, aus vornehmem und wohlhabendem Hause in Rom, wurde um 200 n. Chr. geboren und soll dort um 230 den Märtyrertod erlitten haben. Detaillierte Angaben über ihr Leben sind nicht überliefert. Die Legenden, die um sie ranken, gehen auf die Passio Sanctae Caeciliae im Martyrologium Hieronymianum (Mitte des 5. Jh.) zurück. Danach soll Cäcilia an ihrem Hochzeitstag ihrem Bräutigam Valerianus gestanden haben, dass sie Christin ist, sich ganz Jesus versprochen habe und Keuschheit gelobt. Valerian wurde von ihr zum Christentum bekehrt, ebenso sein Bruder Tiburtius. Bei Christenverfolgungen wurden die beiden Brüder und ihre Gefährten hingerichtet. Auch Cäcilia sollte getötet werden. Ein erster Versuch, sie mit Dämpfen im Bad ihres Hauses zu ersticken, scheiterte. Auch der dann gerufene Scharfrichter konnte sie mit drei Schwerthieben nicht töten, sie überlebte schwerverletzt drei Tage. Ihr gesamtes Vermögen überließ sie der Kirche für die Armen.

Die Verehrung Cäcilias als Märtyrerin setzte bald ein: Schon 499 erhielt eine in Trastevere erbaute Kirche ihren Namen. Im 8. Jahrhundert wurde sie in den Messkanon aufgenommen, ihr Fest auf den 22. November gelegt. Zur Patronin der Musik und der Musikinstrumente, insbesondere der Kirchenmusik und der Orgel, wurde sie allerdings erst im 15. Jahrhundert. Es wird vermutet, dass diese Zuschreibung auf eine verkürzte Passage aus der Passio zurückgeht. Dort heißt es über ihr Hochzeitsfest: „cantantibus organis illa in corde suo soli Domino decantabat“ also etwa ‚während die Instrumente spielten, sang sie in ihrem Herzen allein zum Herrn‘. Daraus machte man „beim Spiel der Orgel“ oder gar „die Orgel spielend“ und fortan stellte man die Heilige mit Instrumenten dar.

Ab dem 16. und 17. Jahrhundert setzte eine große Verehrung Cäcilias ein. Künstler schufen Gemälde (Raffael, Lukas von Leyden, Rubens, Reni, Poussin), Musiker komponierten Werke zu ihren Ehren (Purcell, Clarke, Händel, Haydn, Gounod, Liszt, Britten, Pärt). Viele Musikvereinigungen benannten sich nach ihr, angefangen bei der berühmten Accademia di Santa Cecilia in Rom über diverse Cäcilienvereine und nicht zuletzt viele Kirchenchöre. Im 19. Jahrhundert führten Reformbestrebungen in den deutschsprachigen Ländern schließlich zur Gründung des Allgemeinen Cäcilienverbandes, der Vereinigung der katholischen Kirchenchöre.

Das Ölgemälde auf der Orgelempore ist die Kopie eines Werkes von Carlo Dolci (1616 – 1686), eines italienischen Barockmalers aus Florenz. Das Original von 1671 befindet sich im Besitz der Dresdner Gemäldegalerie.

Dolci zeigt die Heilige an der Orgel. Das Bild ist in dunklen Farbtönen gemalt. Cäcilia, in barockem Gewand und mit einem Heiligenschein, ist völlig in ihr Spiel versunken. Außer ein paar weißen Lilien (Symbol ihrer Jungfräulichkeit), einem roten drapierten Vorhang oder Tuch an der Orgel und einer glatten Steinwand im Hintergrund gibt es keinerlei Gegenstände, die von der ruhigen, konzentrierten, ernst und sehr zart wirkenden Heiligen ablenken könnten.

Die Holzfigur Cäcilias stammt von dem Holzschnitzer Toni Baur aus Oberammergau. Der Künstler gab ihr ein Portativ in die Hand, auf dem sie spielt und dessen Tönen sie zugleich versonnen nachzulauschen scheint. Die langen, offen getragenen Haare und der üppige Faltenwurf des Gewandes geben seiner Cäcilia schwungvolle Leichtigkeit. Nach Beendigung der Sanierung unserer Orgel fand die Skulptur ihren endgültigen Standort auf der Mitte des Rückpositivs.

Beide Darstellungen passen nicht nur vom Stil her hervorragend zur (neo)barocken Ausstattung der Salvatorkirche. Sie weisen auch auf einen Schwerpunkt im Gemeindeleben hin, der in Lichtenrade schon seit den Anfängen eine bedeutende Rolle spielt: Die Pflege der Musik als Dank, zum Lob und zur Ehre Gottes. Schon 1920 gab es hier einen Organisten, 1924 wurde für die Kapelle im nachmaligen Apothekenhaus ein Harmonium angeschafft. Ein eigener Kirchenchor wurde nach der Benediktion der Kirche gegründet und ist seit 1934 nachweisbar. Seit bald 100 Jahren also wird bei uns in fast allen liturgischen Feiern musiziert. Seit knapp 80 Jahren lassen sich zudem zahlreiche Konzerte und musikalische Andachten nachweisen.

So kann es die Ausführenden und die Gemeinde umso mehr freuen, dass mit den beiden Kunstwerken nun auch die Schutzpatronin der Musik bei uns Einzug gehalten hat.

Von Nahem betrachtet: Engelskulpturen

Aus:

Katholische Kirchengemeinde Salvator Berlin-Lichtenrade. -  Pfarrblatt – Dezember 2018-Januar 2019. – S. 20-21. Verf.: Regina Mahlke  

Eine Barock- oder Rokokokirche ohne Engel ist kaum vorstellbar. Und so gibt es auch in unserer neo-barocken Salvator-Kirche Engeldarstellungen.

Der Hauptaltar wurde vor 1933 von dem mainfränkischen Bildhauer Thomas Buscher geschnitzt. 1860 in Gamburg geboren, folgte er 1876 seinem Bruder Clemens, ebenfalls Bildhauer und Holzschnitzer, nach München. Anders als Clemens, der später nach Düsseldorf ging, blieb er jedoch in der Stadt. Hier hatte er sein Atelier, in dem Altäre für Kirchen u. a. in Mannheim, Tauberbischofsheim und Freising entstanden. 1937 starb der Künstler in Ammerland bei Münsing.

Rechts und links des Tabernakels unseres Altares befinden sich zwei fast metergroße Engel. Während der linke auf seinem Sockel mit gesenkten Flügeln beinahe in Ruhe erscheint, wirkt der rechte durch seinen aufgestellten Flügel als ob er gerade erst zum Altar herabgekommen wäre. Die Engel sind aus Holz geschnitzt, wirken aber durch die weiß-goldene Fassung wie aus Marmor gehauen. Anbetend weisen sie auf den Tabernakel und die Nische darüber mit dem Kruzifix. Direkt an der Nische stehen zwei kleine Leuchterengel, fast Putten, die Kerzen halten könnten. Am Giebel der Nische bzw. auf dem Strahlenkranz dahinter befinden sich vier Engelköpfe: je einer rechts und links auf stilisierten Wolken und zwei am Giebel. Auch sie blickten ursprünglich auf das Kreuz, wurden jedoch bei einer Restaurierung so gedreht, dass sie nun zur Gottvaterfigur über dem Altarbild aufschauen.

Während die Altarengel die himmlische Liturgie zu feiern scheinen, haben zwei große Engel im Rokokostil im Seitenschiff eine andere Funktion. Sie halten den Rahmen der Marienikone. Schon seit dem ausgehenden Mittelalter wurden Engel als Wappenhalter, später auch Bildträger, dargestellt. Anders als die Engel am Altar sind sie farbig gefasst.

Eine interessante Geschichte haben die beiden Holzengel an unserer Orgelempore. Sie gehörten zur Erstausstattung der Kirche 1933. Allerdings waren sie damals noch an der vorderen rechten Wand des Hauptschiffes angebracht, unter dem Bild des Heiligen Antonius, und rahmten den Taufbrunnen ein, der bis 1956 dort stand. Ein Brief des Ordinariats vom 15. 12. 1943 weist sie als aus dem Bestand von St. Hedwig stammend aus. Diese Provenienzangabe geht auf ein Schreiben des Provinzialkonservators Walter Peschke vom 1. 12. 1943 zurück, der auf wertvolle Kunstgegenstände aufmerksam machte, die bei Bombenangriffen besser geschützt werden müssten. Dort heißt es „2 aus St. Hedwig, Berlin übernommene Holzplastiken schwebender Engel“. Dem Denkmalschützer waren sie aufgefallen, als er die Kirche wegen der Bestandsanzeige für die Metallabgabe besichtigte. Leider ließ sich bisher kein Hinweis darauf finden, ob diese Behauptung den Tatsachen entspricht. Weder in unserem Archiv, noch in dem der Dompfarrei scheint es dazu weitere Unterlagen zu geben. Unwahrscheinlich ist es jedoch nicht, wurden doch Einrichtungs- und Kunstgegenstände aus St. Hedwig bei der Umgestaltung zur Kathedrale an andere Kirchen abgegeben.(1)

Auch scheint nicht ganz klar, welche Funktion die Engel gehabt haben könnten. Sollten sie Engel am Taufbecken sein? Die Gestik besonders des rechten mit seinem Hindeuten zum Himmel könnte das nahelegen. Waren es Verkündigungsengel, wie wir sie aus der Weihnachtsgeschichte bei den Hirten kennen? Diese trugen oft ein Band mit der Aufschrift „Gloria in excelsis Deo“: das könnte verloren gegangen sein. Waren sie von ihrem Schöpfer in der Barockzeit vielleicht als lobpreisende, musizierende Engel geplant? Diese Funktion hat man ihnen jedenfalls zugedacht, als man sie 1989 an der Orgelempore rechts und links des Rückpositivs anbrachte.

(1) Vgl. dazu Konstantin Manthey: „Die Umgestaltung der St. Hedwigs-Kirche zur Kathedrale des Bistums Berlin (1930-1932)“ in: das münster 2/2014, S. 108-116. Die Verf. dankt dem Autor herzlich für die Hinweise.

Von Nahem betrachtet: Der Hochaltar

Aus:

Katholische Kirchengemeinde Salvator Berlin-Lichtenrade. - Pfarrblatt – April-Mai 2019. - S. 17-19. Verf.: Regina Mahlke

In den 86 Jahren seiner Existenz hat der Hochaltar unserer Kirche und der Chorraum, in dem er steht, mehrfach sein Aussehen geändert. Man wird sofort an die Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils denken, nach der der „Zelebrationsaltar“ vom alten Hochaltar getrennt wurde. Doch auch davor und danach hat es mehrere Veränderungen gegeben.

Schon in den ersten Planungen war für Salvator ein Barock-Altar vorgesehen. Die Firma Ruzicka aus Hof stellte die Stuckarbeiten an Apsiswand und Decke her und fertigte die beiden Säulen, zwischen denen das Altarbild von Gebhard Fugel (1863–1939) aufgehängt wurde. Fugel hatte bereits an der Innenausstattung der St. Elisabeth-Kirche in Schöneberg mitgewirkt und war mit Msgr. Grabe und dem ersten Architekten, dem Kölner Dombaumeister Bernhard Hertel (1862-1927), gut bekannt. Schon vor 1924 hatte Grabe ihm seinen Wunsch für ein Herz-Jesu-Bild für seine künftige Kirche in Lichtenrade mitgeteilt. Allerdings nahm man dann zunächst für die Notkapelle Abstand davon, da Pfarrer Heufers aus Herz Jesu, zuständig für Lichtenrade, ein Altarbild zu diesem Zeitpunkt nicht für dringlich hielt und vorschlug, das vorhandene aus der Stephanus-Kapelle mitzunehmen. Als Josef Bischof (1885 – nach 1957) nach dem Tode Hertels 1927 den Bau übernahm, hielt er sich bei Kirche und Pfarrhaus weitgehend an die Planungen seines Vorgängers.

Fritz Fuchsenberger (1876-1945), ebenfalls mit Theodor Grabe, aber auch vielen Künstlern wie Fugel, Otto Grassl und Thomas Buscher gut bekannt, kümmerte sich um die Innenausstattung der Kirche und baute den Altar. Der Holzbildhauer Thomas Buscher fertigte den Altaraufsatz: Tabernakel mit Aufbau, Engeln und Strahlenkranz. Auch die Gottvaterfigur mit dem Heiligen Geist im Giebel stammt von ihm. Buscher wurde 1860 in Gamburg, Main-Tauber-Kreis, als Sohn eines Steinmetzes geboren. Anders als seine Brüder widmete er sich später besonders der Holzschnitzerei. 1883 verlegte er seinen Wohnsitz nach München, wo er bis zu seinem Lebensende, 1937, sein Atelier und seinen Wirkungskreis hatte.

Von der Benediktion 1933 bis etwa 1951 verändert sich am Altar nichts: Der Tabernakel aus rot-marmoriertem Holz mit vergoldeten Türen, die Expositionsnische (Aufsatz über dem Tabernakel mit dem Tabernakelkreuz), die beiden großen weiß-goldenen Engel auf den Volutensockeln und der Strahlenkranz stehen so, wie wir sie auch heute kennen.

Das hölzerne Kommuniongitter wurde 1936 durch ein schmiedeeisernes, angefertigt von dem Münchener Kunstschmied Sixtus Schmid, ersetzt. Ebenfalls 1936 erhielt die Kirche im Chorraum eine hölzerne Kanzel mit

Schalldeckel – zuvor dringend angemahnt von Kuratus Lütkehaus, der im November 1935 in einem Brief schrieb, „dass es direkt eine Qual ist in dieser Kirche zu predigen.“ Die Akustik bereitete ihm und auch allen anderen Predigern große Probleme.

Das Ewige Licht befand sich bis 1946 an der Kanzelseite zwischen den beiden Chorfenstern. Fotos von 1947 zeigen es dann in der Mitte des Altarraumes von der Decke hängend. Dort sollte es auch bis zum Ende der 1960er Jahre bleiben. Spätestens 1972 – Aufnahmen aus der Zeit von 1967 bis dahin ließen sich bislang nicht finden – wurde es umgehängt auf die rechte Seite vorn neben dem Seitenchor.

Ab 1951 bis zur endgültigen Fertigstellung der Kirche 1956 wurde der Strahlenkranz hinter dem Tabernakel entfernt, der Aufsatz und die beiden Engel jedoch weiter an ihrem Standort belassen. Nach der Erweiterung fehlt auch der Aufsatz. Das Kreuz steht nun direkt auf dem Tabernakel. Lediglich zur Konsekration am 19. März 1956 wurden Strahlenkranz und Engel noch einmal aufgestellt.

Und eine weitere Änderung brachte die Erweiterung mit sich: Der Balkon des oberen Schwesternchores wurde begradigt.

1958 wird die hölzerne Kanzel aus dem Chorraum entfernt und durch die steinerne mit dem Mosaik von Hedja Luckhardt-Freese im Hauptschiff der Kirche ersetzt.

Als 1963 die Orgel auf der Westempore eingebaut wurde, stellte man den Altaraufsatz mit Kreuz und Strahlenkranz hinter bzw. oberhalb der Orgel auf.

1966 wurde im Zuge der Liturgiereform der Altar umgebaut. Der ursprünglich hölzerne Unterbau wurde durch Marmor ersetzt, ein neuer Altartisch angefertigt und vor dem Sakramentsaltar im Chorraum aufgestellt. Ein neues Altarkreuz (heute noch gelegentlich als Vortragekreuz genutzt) wurde angeschafft, angefertigt von einem Berliner Goldschmied, Johannes Schlüter.

Das Fenster im Turm oberhalb der Sakristei wurde zugemauert, ebenso die Wandnischen im hinteren Teil des Chorraumes rechts und links des Altars.

In den 70er Jahren finden dann plötzlich die großen Engel wieder Aufstellung. Nach der Renovierung der Kirche 1982 kehrten Engel, Tabernakelaufsatz und Strahlenkranz wieder an ihren alten Standort zurück. Die vorerst letzte Änderung war die Entfernung des Kommuniongitters 1989.

Von Nahem betrachtet: Die Kirchenfenster

Aus:

Katholische Kirchengemeinde Salvator Berlin-Lichtenrade. - Pfarrblatt – Juni-Juli 2018. – S. 18-19. Verf.: Regina Mahlke

In den Jahren nach dem Bau der Kirche gab es nur normale Fensterverglasung, doch sollten auch die Kirchenfenster nacheinander künstlerisch gestaltet werden. Bereits 1938 hatte Kuratus Lütkehaus dafür der Berliner Firma Puhl & Wagner, bekannt für ihre Mosaiken, erste Entwürfe für die Fenster der Sakristei vorgelegt. Sie stammten von Egbert Lammers (1908 – 1996), einem bekannten Maler, der u. a. als Lehrer an der Modeschule des „Sturm“ gearbeitet hatte (Lammers hatte 1935 in Salvator geheiratet). Das ovale farbige Fenster mit einer Darstellung der Fußwaschung ist noch heute im Chor neben der Tür zur Sakristei zu sehen. Das zweite Fenster darüber, das eine Erinnerungsinschrift an Theodor Grabe trägt, wurde 1966 bei der Umsetzung des Altars zugemauert.

Nach dem Kriege setzte sich Pfarrer Lütkehaus erneut mit Puhl & Wagner in Verbindung: Diesmal ging es um die Fenster in der Schwesternkapelle, die Chorfenster und die zwei großen Fenster des Hauptschiffes. Außerdem war für die Nische der ehemaligen Eingangstür (1946 verlegt, heute Hl. Barbara) ein Mosaik geplant. Als Künstler wurde Charles Crodel (1894 – 1973) verpflichtet, der im Juni 1946 die Entwürfe fertigte. Crodel, nach Zusammenarbeit u. a. mit deutschen Expressionisten, Bauhaus und Burg Giebichenstein 1933 von den Nationalsozialisten aus seiner Lehrtätigkeit entlassen, hatte sich neue Betätigungsfelder gesucht. So war auch der Kontakt zu Puhl & Wagner, für die er Mosaike und Glasschliffarbeiten entwarf, entstanden. Die Fenster für das Hauptschiff wurden im Sommer 1948 eingebaut, die des Chores gegen Ende des Jahres. Die Entwürfe dafür liegen in unserem Pfarrarchiv (Vorstudien, Änderungswünsche von Pfarrer Lütkehaus) und im Archiv von Puhl & Wagner in der Berlinischen Galerie.

Auch die Scheiben der Türen (heute am Aufgang zu den Emporen) wurden 1948 eingebaut. Die Vorlagen stammen von Werner Kleinschmidt (1907 - 1979), einem Maler, der besonders als Bühnenbildner am Schloßparktheater unter Boleslaw Barlog bekannt wurde.

Der Inhaber der Mosaikfirma, Hans Wagner, besichtigte 1947 auch die Schwesternkapelle (heute Marienchörchen und Meditationsraum). Dort wurden zuerst im oberen Chor, dem Oratorium der Heiligenstädter Schulschwestern des Kinderkrankenhauses, die drei Fenster mit farbigen Einsätzen (Symbole von Dreifaltigkeit, Taufe, Eucharistie) angefertigt und am 16. Juli 1948 zur Feier des silbernen Ordensjubiläums der damaligen Oberin, Mutter Bernarda vom Kreuz Münstermann (1899 – 1971) eingesetzt. Die Entwürfe dafür hatte Schwester Ludgeris, eine Halbschwester der Oberin, die bei den Steyler Missionarinnen Zeichenlehrerin war, geschaffen. Als die Fenster fertiggestellt waren, befand sie sich in Manila, weshalb man ihr Fotos – vor Ort von Hand koloriert – zusandte, damit sie sich die Wirkung vorstellen konnte.

Die Entwürfe für die beiden Fenster im unteren Chor stammen von Ludwig Gies (1887 – 1966), einem Bildhauer und Medailleur, der seit 1918 in Berlin lehrte. Nach anfänglichen Regierungsaufträgen, entfernten ihn die Nationalsozialisten jedoch 1938 aus dem Amt. In jedes Fenster sind in Kreuzform 5 Symbole in einfachen Strichlinien eingeschliffen. Die Darstellungen beziehen sich auf den glorreichen Rosenkranz (Auferstehung, Himmelfahrt, Pfingsten, Himmelfahrt und Krönung Mariens; Fenster rechts) und die Werke der Barmherzigkeit (links). Eingesetzt wurden die Fenster Weihnachten 1949.

Die beiden Ergänzungsfenster im 1956 erweiterten Hauptschiff wurden 1958 in Anlehnung an die bereits vorhandenen Fenster verglast.

Seit wann sich die farbigen Fenster auf der oberen Seitenempore in der Kirche befinden, ließ sich bisher nicht feststellen. Weder in unserem Archiv noch im Archiv von Puhl & Wagner konnte ich Unterlagen dazu finden.

Von Nahem betrachtet: Der Kirchturm

Aus:

Katholische Kirchengemeinde Salvator Berlin-Lichtenrade. - Pfarrblatt – Juni-Juli 2019. - S. 22-24. Verf.: Regina Mahlke

10 Jahre ist es im Juni her, dass ein neues Kreuz auf unserem Kirchturm angebracht wurde: Kein Grund für ein großes Jubiläum, aber durchaus Anlass genug, sich den Kirchturm und seine Geschichte einmal näher anzusehen.

In den ursprünglichen Bauplanungen war vom Architekten Josef Bischof, der sich beim Bau der Kirche eng an die Pläne seines 1927 verstorbenen Vorgängers Bernhard Hertel hielt, ein Glockenturm mit Zwiebelhaube von Anfang an vorgesehen. Doch als die Kirche 1933 benediziert wurde, hatte dieses Vorhaben ebenso aufgegeben werden müssen, wie die Absicht, eine Kirche mit vier Jochen zu bauen: Fehlende finanzielle Mittel ließen nur einen Turm zu, der bis zur Dachhöhe des Kirchenschiffes reichte.

Immerhin konnte man bald eine erste Glocke anschaffen. Mangels eines Glockenstuhls im Turm hängte man sie einfach in eine offene Eisenkonstruktion – ein Glockenstuhl von etwa 2 Meter Höhe – und zog sie mitsamt dieser auf den Turm. Am 15. März 1937 war die Bronze-Glocke (Durchmesser 105 cm, Gewicht 641 kg) in Gescher in Westfalen, dem Sitz der Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock, abgeschickt worden, damit sie rechtzeitig zum 19. März (die Gemeinde sah den Heiligen Joseph als ihren besonderen Schutzpatron an) in Lichtenrade sein konnte. Die Glockenbaufirma, die heute noch existiert, kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Im 17. Jahrhundert von Jean Francois Petit in Lothringen gegründet, dann teilweise in Holland ansässig, wurde die Firma 1787 von Alexius Petit d. Ä. nach Gescher verlegt. Einer seiner Söhne führte sie dort fort und nahm, da selbst kinderlos, 1823 die Bremer Joseph und Bernhard Wilhelm Edelbrock, seine Neffen, in das Geschäft auf. Diese wiederum nahmen 1912 Werner Hüesker in die Glockengießerei auf, dessen Sohn Hans nach 1932 ebenfalls bei Petit & Gebr. Edelbrock eintrat und für den Guss unserer Glocke verantwortlich war. Sie erhielt den Namen Maria und war auf Fis gestimmt. Schon zu diesem Zeitpunkt war vorgesehen, so kann man es einem Anschreiben der Firma in unserem Archiv entnehmen, dass später zwei weitere Glocken angeschafft werden sollten.

Obgleich auch Salvator während des Krieges (1943) aufgefordert wurde, alle Metallgegenstände zu melden, blieb die Glocke von der Abgabe und somit vom Zerschlagen und Einschmelzen verschont.

1946 gelang es dann, dem Kirchturm endlich seine geplante Höhe und Form zu geben. Es war sicherlich kein leichtes Unterfangen, den rudimentären Turm auszubauen, denn Glocken müssen so aufgehängt werden, dass beim Läuten das Mauerwerk des Turmes möglichst nicht mitschwingt. Und so umfasst dann auch allein die Berechnung der Statik für den Einbau der nötigen Massivdecke drei eng beschriebene Seiten.

Die beiden neuen Glocken wurden 1952 angeschafft. Wiederum wurden sie von Petit & Gebr. Edelbrock gegossen. Pfarrer Lütkehaus, weiß die Schwesternchronik zu berichten, reiste eigens zum Guss am 3. März 1952 nach Gescher. Am 29. März wurden die Glocken angeliefert und für mehrere Tage in einem Gestell an der Südwand der Kirche aufgehängt, um den Klang zu prüfen. Am Palmsonntag, dem 6. April 1952, weihte Bischof Weskamm sie: St. Wilhelm (Durchmesser 86 cm, Gewicht 375 kg), gestimmt auf A und St. Hedwig (Durchmesser 75 cm, Gewicht 250 kg), gestimmt auf H. Sie wurden auf den Turm gezogen, schwiegen aber bis zum Osterfest. Zur großen Freude aller erklangen sie beim Gloria der Osternachtsfeier am 13. April 1952 zum ersten Mal.

Seither rufen sie zu den Gottesdiensten. Bis Pfingsten 1957 (9. Juni) mussten sie übrigens per Hand geläutet werden, wovon noch die Durchlässe für die Seile im Boden unter dem Glockenstuhl zeugen. Dann wurde ein elektrisches Geläute eingebaut.

1986 wurden bei einer Überprüfung der Anlage schwerwiegende Mängel erkannt und die erste Glocke musste sogar umgehend stillgelegt werden. Rostfraß, Korrosion und Verschleiß hatten den Glocken und dem Turm so zugesetzt, dass eine umfangreiche Restaurierung und zahlreiche Reparaturen nötig wurden.

Seit Januar diesen Jahres können wir uns übrigens nicht nur tagsüber am Klang der Glocken erfreuen, sondern auch wieder abends unseren „barocken“ Kirchturm angestrahlt bewundern, nachdem eine neue Anlage zur Illumination der Kirche installiert werden konnte.

Von Nahem betrachtet: Die Kreuzwege

Aus:

Katholische Kirchengemeinde Salvator Berlin-Lichtenrade. - Pfarrblatt – Februar-März 2019. – S. 18-19. Verf.: Regina Mahlke

In der Salvator-Kirche gibt es – was manchen Leser erstaunen mag – drei Kreuzwege. Der älteste von ihnen besteht aus den beim Beichtstuhl und im Hauptschiff aufgehängten Gemälden von Otto Grassl (1891-1976). Grassl wurde in München geboren, hatte mit 15 Jahren dort seine Ausbildung an der Städtischen Gewerbeschule begonnen, war dann zur Königlichen Kunstgewerbeschule gewechselt und hatte seine Studien schließlich an der Akademie der Bildenden Künste unter anderen bei Franz von Stuck vollendet. Eine eigene Zeit als Fachlehrer für kirchliche Kunst und Aktzeichnen an der Städtischen Gewerbeschule folgte Ende der 1920er Jahre. Er war schnell über München hinaus bekannt geworden. Für viele Kirchen schuf er Altarbilder oder Kreuzwege (u. a. Bad Wörishofen, Lindau, Baden-Baden, Freising, Bad Reichenhall), nahm an Ausstellungen der Münchener Sezession, der Neuen Münchener Künstlergenossenschaft und später der Künstlervereinigung Dachau, wohin er 1942 übersiedelte, teil. Nach eigenem Bekunden war er zunächst stark vom Expressionismus beeinflusst, wandte sich aber 1928 einer „formbetonten Darstellung im barocken Stil“ zu. In diese Phase fällt sein Kreuzweg für Salvator. Die 14 Stationen waren ein Auftragswerk. Aufgrund enger Beziehungen zu dem Architekten Fritz Fuchsenberger, der sich um die Innenausstattung der Salvator-Kirche bemühte, hatte er bereits 1937 die Kopie der Ikone am Marienaltar gefertigt. Nun konnte Pfarrer Lütkehaus am 3. März 1943 an das Bischöfliche Ordinariat schreiben, es sei ihm gelungen, einen Kreuzweg von dem Künstler Otto Grassl herstellen zu lassen. Seine Bitte um Weihe und kanonische Errichtung wurde umgehend erfüllt. Das Franziskaner-Kloster in Pankow beauftragte den zum Provinzialat Breslau-Carlowitz gehörigen, 1893 in Sangerhausen geborenen Pater Constantin Neumann mit der Weihe, die dieser am 7. März 1943 vollzog.

Hängt dieser Kreuzweg also seit über 75 Jahren in unserer Kirche und wird auch heute noch genutzt, ist ein einfacher aus gerahmten Drucken bestehender, heute nicht mehr in Gebrauch, sondern lagert in leider nicht besonders gutem Zustand im Turmspeicher. Es handelt sich Drucke des Kreuzweges der Beuroner Schule vom Ende des 19. Jahrhunderts.

Die Originale dazu in der Stuttgarter Marienkirche (Kriegsverlust) waren 1889/90 entstanden. Im Gegensatz zu den in dieser Zeit verbreiteten neo-romanischen oder neo-gotischen Kreuzwegdarstellungen, lehnten sich die Beuroner Künstler an Ägyptische Vorbilder an und wollten Wahrheit und Schönheit in ihren Werken mit Einfachheit verbinden. Auch eine gewisse Nähe zu den Nazarenern lässt sich feststellen.

Wann dieser Kreuzweg in die Kirche kam und wo er hing, lässt sich nicht eindeutig sagen. Es könnte sich sowohl um einen Vorgänger des Grassl-Kreuzweges handeln, als auch um den für die 1940er Jahre im oberen Schwesternchor, dem heutigen Meditationsraum, bezeugten. Allerdings behauptet die Schwesternchronik, letzterer stammte von Gebhard Fugel, dem Maler des Hauptaltarbildes. Völlig unmöglich scheint auch das nicht, denn Drucke des Fugelschen Kreuzweges aus der Josephs-Kirche in München (1902-08) waren ebenfalls weit verbreitet. Die Schwestern könnten sie bei ihrem Weggang mitgenommen haben. Andererseits kann man auch eine Verwechslung der beiden sehr bekannten Reproduktionsreihen durch den Chronisten nicht ganz ausschließen. Der Kreuzweg könnte also durchaus im oberen Schwesternchor gehangen haben.

Seit 1964 hängt auf der Seiten-Empore, die die Heiligenstädter Schulschwestern bis 1974 nutzten, ein für sie angefertigter Kreuzweg aus Terrakotta. Schöpferin dieses Kreuzweges war die Dresdner Künstlerin Hilde Jahn-Wiegel (1922-2009), die bereits 1957 die Schutzmantelmadonna für Salvator gefertigt hatte. Die 33 x 36,5 cm großen Tonreliefs sind farbig gefasst und obwohl die Züge der Protagonisten oft nur angedeutet sind und die Darstellung überhaupt sehr sparsam ist, wirken sie sehr eindringlich auf den Betrachter und muten auch nach 55 Jahren noch modern, eigentlich zeitlos, an. Wenn an Festen die Empore für die Gottesdienst-Besucher geöffnet ist, werfen Sie doch einmal einen Blick auf die fast etwas vernachlässigten Stationsbilder, es lohnt sich.

Von Nahem betrachtet: Mariendarstellung

Aus:

Katholische Kirchengemeinde Salvator Berlin-Lichtenrade. - Pfarrblatt – August-September 2018. - S. 14-15. Verf.: Regina Mahlke

Mariendarstellungen hat es in der Salvatorkirche von Anbeginn gegeben. So zeigen die Türen des Tabernakels eine Verkündigungsszene. Der tauberfränkische Bildhauer Thomas Buscher (1860–1935), der den Altar als wahrscheinlich eines seiner letzten Werke schnitzte, stellte im oberen Teil der rechten Tür Maria, in dem der linken den Erzengel Gabriel dar. Buscher folgte damit einer alten Tradition: Schon seit dem Mittelalter lassen sich Verkündigungsszenen an Tabernakeln nachweisen.

Im Seitenschiff war bereits in der Planung Bernhard Hertels (1862-1927), des Kölner Dombaumeisters und Architekten der Kirche, und seines Nachfolgers, des Berliner Architekten und Luckenwalder Stadtbaumeisters (1889 – nach 1957) Josef Bischof, ein Seitenaltar vorgesehen. Die Unterlagen sind nicht vollständig genug, um eindeutig auszusagen, dass an einen Marienaltar gedacht war, doch ist es anzunehmen. Kuratus Lütkehaus hatte dafür eine Kopie der Ikone „Mutter von der immerwährenden Hilfe“ (wohl Kreta, Ende des 14. Jahrhunderts) gesehen und ließ durch den Münchner Architekten Fritz Fuchsenberger (1876-1945), der noch mit Prälat Grabe vor dessen Tode über die Innenausstattung der Kirche in Kontakt gestanden hatte, einen Entwurf für einen Altar mit diesem Bild ausarbeiten. Er hatte Gelder aus freien Spenden von Gemeindemitgliedern für den Altar gesammelt. Fuchsenberger musste sich also an einen bestimmten Kostenrahmen halten, der nicht überschritten werden durfte. An die Neuanfertigung einer Kopie direkt vom Original der Ikone in der Kirche der Redemptoristen in Rom war daher aus Kostengründen nicht zu denken. Nach allerlei Überlegungen, von einer Kopie eine weitere anfertigen zu lassen, wandte sich Fuchsenberger schließlich an Otto Grassl (1899-1976), einen Maler aus Dachau. Grassl hatte bereits vor längerer Zeit selbst in Rom eine Kopie der Ikone gefertigt und konnte daher aus seinen Skizzen eine weitere malen. Neben der Madonna mit dem Jesuskind auf dem linken Arm sind die Erzengel Michael und Gabriel dargestellt, die die Passionswerkzeuge (Stab und Lanze bzw. Kreuz) in Händen halten. Jesus schaut ängstlich auf Gabriel mit dem Kreuz. Er ist so entsetzt von der Ahnung, wie sein Leben verlaufen wird, dass er einen Schuh von seinem Fuß verliert, der nur noch an einem Band hängend am unteren Bildrand zu sehen ist.

Grassl hielt sich nicht sklavisch an das Original, blieb ihm aber sehr nahe. Auf die Krone der Maria, die auf dem Original später aufgesetzt wurde, hat er verzichtet. Ein von zwei Engeln gehaltener Rahmen (aus einem Barockrahmen und einem frühklassizistischen) wurde angeschafft und von einem Schreinermeister (Eppe) in München zusammengesetzt.

Am 2. Mai 1937 konnte nachmittags um 17:00 Uhr in einer Andacht der neue Altar geweiht werden.

Genau 20 Jahre später, am 1. Mai 1957, wurde die Schutzmantel-Madonna in der (damaligen) Taufkapelle geweiht. Sie stammt von der Bildhauerin Hildegard Jahn-Wiegel (geb. Wiegel, dann Konopka), die später auch den Keramik-Kreuzweg auf der oberen Seitenempore schuf. Die Künstlerin wurde 1922 in Heiligenstadt geboren, studierte von 1941 – 1945 in Hannover und von 1947 – 1952 in Dresden, wo sie dann bis zu ihrem Lebensende 2009 ein Atelier hatte. Sie war mit den Heiligenstädter Schulschwestern gut bekannt, hatte sie doch an deren Schule ihr Abitur gemacht und später etliche Kunstwerke für sie geschaffen. Sie war viel für Kirchen tätig, arbeitete jedoch auch als Restauratorin z. B. an der Semper-Oper, wo sie im oberen Teil der Rückwand drei Reliefs von Eosander rekonstruierte. Bei unserer Schutzmantel-Madonna bediente sie sich verschiedener ikonographischer Traditionen: So lässt sie kleine Engel den ausgebreiteten Mantel der Gottesmutter halten. Normalerweise wird diese Darstellungsform nur verwendet, wenn Maria das Jesuskind auf dem Arm hält oder die Hände zum Gebet erhoben hat. Beides ist hier nicht der Fall. Die Entstehungszeit nur wenige Jahre nach dem Kriegsende merkt man den Figuren unter dem Schutzmantel an: Sie sehen verhärmt aus und unter den Dargestellten ist ein Soldat. Die Plastik war schon gleich nach ihrer Aufstellung bei der Gemeinde sehr beliebt und ist es noch heute.

Schließlich sei noch auf die Darstellung der Gottesmutter auf dem Pfingst-Mosaik an der Kanzel hingewiesen. Hier ist Maria durch ein leuchtend rotes Gewand besonders hervorgehoben. Meist trägt sie sonst auf Bildern ein blaues Obergewand – man vergleiche dazu nur die Kreuzwegstationen von Grassl. Lediglich bei der Abbildung als Himmelskönigin ist ein rotes (purpurnes) Gewand üblich. Hedja Luckhardt-Freese (1905-1988), die in Berlin tätige Künstlerin, wählte hier also eine recht eigene Interpretation.